„Muss Auslöser geben“: Serie grausamer Tiertötungen erschüttert Kinderhilfe-Verein seit Jahren

Unbekannte erschlagen in einem kleinen Streichelzoo zwölf Tiere. Es ist nicht der erste Angriff auf den gemeinnützigen Verein und seine Gründerin. Wer tut so etwas – und warum?

Einige Hühner erwischt es in ihrem Stall. Andere schaffen es – vermutlich voller Panik – noch ins Gehege. Doch auch dort entkommen sie nicht. Am Ende sind sieben Hühner und fünf Meerschweinchen tot. Der oder die Täter haben die Tiere erschlagen, „mit roher Gewalt getötet“, wie die Polizei am 4. April mitteilt. Ein Gutachten knapp zwei Wochen später bestätigt die massive Gewalteinwirkung; alle untersuchten Tiere wiesen mehrfache Brüche auf, heißt es darin. Für Gaby Schäfer ist die Welt seitdem eine andere. 

Schäfer, 51 Jahre alt, ist Gründerin und Vorsitzende der „sunshine4kids-Oase“ im nordrhein-westfälischen Niedersprockhövel. Der gemeinnützige Verein kümmert sich um Kinder und Jugendliche, die es im Leben nicht leicht haben oder hatten. Wer in Schäfers Streichelzoo kommt, der soll Sorgen und Nöte wenigstens eine Zeit lang vergessen. Schäfer, für ihr Engagement mit dem Bundesverdienstkreuz ausgezeichnet, macht die Tat auch zwei Wochen danach noch stark zu schaffen. „Ich hatte mehrere Nervenzusammenbrüche, noch immer geht es mir schlecht“, erzählt sie. Viele der Tiere habe sie von klein an aufgezogen. „Sie hatten alle einen Namen.“

Dass nun teils wildfremde Menschen Anteil nehmen, Trost spenden und Mut machen, tue gut, sagt Schäfer. „Wir sind dennoch alle nach wie vor geschockt und zutiefst erschüttert.“ Zumal es nicht der erste Angriff auf den Verein ist – und auf Schäfer.

Einbrüche, Bedrohungen und immer wieder Tiertötungen

Seit rund acht Jahren kommt es regelmäßig zu Angriffen. „Alles fing 2017 mit einem Überfall auf mich an. Seither gibt es immer wieder Zwischenfälle“, sagt Schäfer. Diebstähle und Einbrüche, Bedrohungen, Cyberangriffe und immer wieder Tiertötungen. 2022 zum Beispiel wurden alle Tiere des Vereins in einer Regentonne ertränkt, erst vor wenigen Monaten vergiftete ein Unbekannter Schäfers Norwegische Waldkatze. Ein Täter aber konnte bislang nicht ermittelt werden.

Einige der Hühner wurde noch im Stall getötet
© sunshine4kids e.V.

Auch beim jüngsten Vorfall tappt die Polizei im Dunkeln. Man ermittle wegen Hausfriedensbruchs, Sachbeschädigung und Verstoßes gegen das Tierschutzgesetz, erklärt Polizeisprecherin Jennifer Boeke auf Anfrage des stern. Eine konkrete Spur gebe es nicht, die Auswertung eines Videos stehe noch aus.  Ob die verschiedenen Taten seit 2017 zusammenhängen, darüber will Boeke nicht spekulieren. „Ob hier jemand einen Groll gegenüber Frau Schäfer oder den Verein hegt, oder ob die Taten willkürlich passierten, müssen die Ermittlungen zeigen.“ 

Gaby Schäfer glaubt nicht an Zufälle. Ein dem Verein zur Seite gestelltes Expertenteam sehe „Zusammenhänge und ein gewisses Muster“, sagt sie ohne konkreter zu werden. 

Wer aber könnte ein Interesse daran haben, ihr und dem Verein zu schaden? Eine Antwort darauf hat Schäfer nicht. „Aber es muss einen Auslöser vor 2017 geben. Denn in den ersten zehn Jahren nach der Vereinsgründung im Jahr 2007 hatten wir kein einziges Problem. Irgendetwas muss diese ständigen Überfälle ausgelöst haben“, ist sie überzeugt.

„Meine Kraft ist am Ende“

Umso mehr hoffen sie und der Verein darauf, dass Geld bei der Aufklärung helfen könnte: Ein Fußballnationalspieler, der anonym bleiben will, lobte Mitte der Woche 20.000 Euro für Hinweise auf den oder die Täter aus. „Wir hoffen sehr, dass die hohe Geldsumme Mitwisser dazu bringen könnte, mit der Polizei zu reden“, so Schäfer. 

Dem völlig sinnlosen Angriff fielen auch fünf Meerschweinchen zum Opfer
© sunshine4kids e.V.

Diese Hoffnung teilt auch Polizeisprecherin Boeke. „Für viele Leute kann das ein Anreiz sein. Aber es kann auch dazu führen, dass wir falsche Informationen bekommen“, gibt sie zu bedenken. Sie gehe dennoch davon aus, dass die Belohnung in Kombination mit der großen Medienpräsenz des jüngsten Falls helfen werde, „neue Hinweise auf den oder die Täter zu bekommen“.

Gaby Schäfer und ihrem Verein ist es zu wünschen. Die „sunshine4kids-Oase“ bleibt vorerst geschlossen. „Wir müssen uns sammeln, beraten und dann genau überlegen, wie wir weitermachen“, sagt Schäfer. Momentan seien alle noch zu verängstigt, traumatisiert und verstört. 

Schäfer selbst hat nur einen einzigen Wunsch: „Dass die Vorfälle endlich aufhören und wir unseren Frieden haben. Meine Kraft ist am Ende.“