Bündnis Sahra Wagenknecht: Thüringer BSW-Vorstandswahl als Machtkampf

Kann sich die pragmatische Katja Wolf als BSW-Chefin in Thüringen behaupten und den Machtkampf mit Sahra Wagenknecht gewinnen? Das wird auf einem BSW-Landesparteitag in Gera entschieden.
Finale im Machtkampf um die Besetzung der Thüringer BSW-Parteispitze: Ein Parteitag in Gera soll am Samstag (10.00 Uhr) entscheiden, ob die Mitglieder den pragmatischen Regierungskurs von Landeschefin und Vize-Ministerpräsidentin Katja Wolf unterstützen oder einen von BSW-Gründerin Sahra Wagenknecht geforderten Führungswechsel. Wagenknecht hat sich kurz vor der Entscheidung, die auch Einfluss auf die fragile Regierungskoalition aus CDU, BSW und SPD in Thüringen haben kann, in einem Brief an die Mitglieder gewandt.
Sie legte sich darin für die Wahl von Wolfs Konkurrentin ins Zeug und unterstützte damit die bisher öffentlich kaum in Erscheinung getretene Landtagsabgeordnete Anke Wirsing, die gegen Wolf bei der Wahl zum Parteivorsitz antreten will. Die 45 Jahre alte Wirsing ist eine erklärte Wagenknecht-Anhängerin.
Was für Streit zwischen Berlin und Erfurt sorgt
Wolfs Politikstil, der nach einem der bisher größten BSW-Wahlerfolge im vergangenen Herbst mit 15,8 Prozent eine Regierungsbeteiligung der jungen Partei ermöglichte, stößt bei der Mannschaft um Wagenknecht, aber auch bei einigen Thüringer Mitgliedern auf Kritik. Ihr werde von Mitgliedern und Wählern vorgeworfen, er verwässere das Profil des BSW, heißt es in Wagenknechts Brief.
Das Verhältnis zwischen ihr und der 49 Jahre alten Wolf, die früher für die Linke Oberbürgermeisterin in Eisenach war, ist seit den Koalitionsverhandlungen des BSW mit CDU und SPD angespannt. Vor allem um eine Präambel zur Friedensfrage wurde zwischen Erfurt und Berlin heftig gestritten. Nach der verlorenen Bundestagswahl, für die dem BSW in Thüringen eine Mitschuld gegeben wird, hatte sich das Verhältnis nochmals verschärft.
In ihrem Brief spricht Wagenknecht von einem Vertrauensverlust zwischen Bundes- und Landesspitze nach dem öffentlich ausgetragenen Konflikt um den Thüringer Koalitionsvertrag. Wagenknecht pocht nach der ersten Aufbauphase des Landesverbandes, der seit März 2024 besteht, auf eine Trennung von Regierungs- und Parteiämtern. Eine solche Regelung ist allerdings beim BSW bisher nicht vorgeschrieben. Wagenknecht möchte eine „Neuaufstellung des Landesvorstandes“.
Kompromissangebot zur Konfliktentschärfung
Um die Auseinandersetzung zu entspannen, hat Thüringens Co-Vorsitzender Steffen Schütz erklärt, er verzichte in Gera auf eine Kandidatur. Schütz ist Infrastrukturminister und wie Wolf, mit der er ein eingespieltes Duo bildete, auch Landtagsabgeordneter. Für ihn wird mit Gernot Süßmuth ein Vertreter der Parteibasis bei der Vorstandswahl antreten. Der Konzertmeister der Staatskapelle Weimarer möchte nach eigenen Angaben eine Doppelspitze mit Wolf bilden.
Eigentlich wollte Schütz erneut antreten – der frühere Unternehmer machte deutlich, dass er sich zurückzieht, um die Stabilität des Thüringer BSW zu erhalten. Er übte Kritik in Richtung Berlin: Es sei ein schwerer politischer Fehler, eine noch nicht gefestigte Partei „mit der Trennung von Amt und Mandat in der Regierung zu verzwergen“. Und: Der Bundesvorstand habe mit einer „Gesinnungsaquisition von Mitgliedern Einfluss genommen“. Schütz spielte dabei auf die Aufnahme von Mitgliedern am Landesverband vorbei im vergangenen Herbst an. Auf dem Parteitag steht auch die Forderung zur Abstimmung, den Landesverbänden die Mitgliederaufnahme zu ermöglichen.
Warum Wolf trotz des Widerstands kandidiert
Ihr gehe es nicht um Posten und Ämter, sagte Wolf im Vorfeld. Sie verstehe ihre erneute Kandidatur auch nicht als „Kampfansage an Berlin“. Ihr gehe es um Kontinuität beim weiteren Aufbau des BSW in Thüringen und um die Vertretung von BSW-Positionen in Regierung und Koalition. „Das ist kein Selbstzweck.“ Brücken zur Parteibasis seien mit der Kandidatur von Süßmuth in den Landesverband und „zu unseren schärfsten Kritikern in Richtung Berlin“ gebaut. Zum möglichen Ausgang des Parteitags sagte Wolf: „Wir sind eine Partei im Aufbau und für Überraschungen gut.“