morgen|stern: Trump feiert sich selbst vor einer halb leeren Halle – die Lage am Morgen

Der US-Präsident malt sich die Welt, wie sie ihm gefällt. Zum 100. Tag seiner Amtszeit tut Trump das, was er am liebsten tut: Er lobt sich selbst. Was sonst noch wichtig wird.
Guten Morgen, liebe Leserinnen und Leser,
der US-Präsident vermisst den Wahlkampf. Das sagt er nicht nur in seiner Rede zum 100. Tag seiner Präsidentschaft, es ist auch zu spüren. Zur Feier dieses Meilensteins tritt Donald Trump am Dienstagabend Ortszeit vor seinen Anhängern in Michigan auf. Es ist keine feierliche Ansprache, es ist ein gewohnt ketzerischer Wahlkampf-Auftritt. Denn Trump hat bereits die Midterm-Wahlen im Visier.
Immer im Blick: die politischen Gegner. Seinen Vorgänger Joe Biden zeichnet er als sabbernden, senilen Mann. Demokraten seien „radikale Irre“ und „Kriminelle“. Zehntausende Bundesbeamte nennt er „inkompetent“ und „korrupt“.
Sich selbst preist er dagegen in den höchsten Tönen. Der Wirtschaft ginge es so gut wie nie, die Preise würden sinken, er habe die Meinungsfreiheit in den USA wiederhergestellt. Manches Mal wird er unterbrochen von „USA! USA!“-Rufen. Die versammelte MAGA-Truppe bejubelt auch ein düsteres Video, das die Abschiebung von Männern nach El Salvador zeigt – ohne Gerichtsprozess, ohne Urteil.
Der Beginn seiner Präsidentschaft seien „die erfolgreichsten 100 Tage einer Regierung in der Geschichte unseres Landes“ gewesen, ist sich Trump sicher.
Viele von Trumps Vorhaben sind unpopulär
Dummerweise zeichnen die Umfragen ein anderes Bild. Lediglich 39 bis 44 Prozent finden Trumps Vorhaben gut. Deutlich weniger, als seine Vorgänger nach 100 Tagen verzeichneten. Verbraucherinnen und Verbraucher klagen über die anhaltend hohe Inflation. Zahlreiche seiner Dekrete landen vor Gericht. Die Familien der Abgeschobenen klagen ebenfalls. Und die Maßnahmen von Trump-Buddy Elon Musk haben fast so viel gekostet, wie sie einsparen sollten.
Dass diese Zahlen ihm vielleicht doch Sorgen bereiten, deutet lediglich sein Geschimpfe über die „gefälschten Umfragen“ an, die eigentlich bei 60 bis 70 Prozent liegen würden. Quelle? Sein Bauchgefühl. Doch auch der Veranstaltungsort, ausgelegt für 4000 Menschen, ist halb leer, berichten Journalisten vor Ort.
Trump ist in seiner zweiten Amtszeit. Ein drittes Mal darf er nicht antreten, auch wenn er damit kokettiert. Verliert er jedoch bei den Zwischenwahlen 2026 die Mehrheit im Kongress, dürfte sein politisches Leben wesentlich schwerer werden. Erste Demokraten drohen bereits mit einem neuen Amtsenthebungsverfahren.
Nach 90 Minuten ist das Getöse beendet. Unter den Klängen von „YMCA“ zeigt Trump seine ikonischen Tanzbewegungen, und verlässt die geliebte Wahlkampfbühne.
Am Donnerstag ist Feiertag, dann pausiert dieser Newsletter. Sie lesen am Freitag wieder von mir, wenn Sie mögen. Tanzen Sie fröhlich in den Mai!
Ihre Mirjam Bittner
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Mit Material der Agenturen.