Hohe Mieten: Bezirke wollen stärker gegen möbliertes Wohnen vorgehen

In vielen Bezirken werden Wohnungen zunehmend möbliert und befristet vermietet. Für Vermieter ist das ein lohnendes Geschäft. Für viele andere hat es unangenehme Folgen.
In vielen Berliner Bezirken wird das befristete und möblierte Vermieten von Wohnungen zunehmend zum Problem. Durch das Ausnutzen von Schlupflöchern im Mietrecht können in solchen Fällen oft Summen verlangt werden, die erheblich über dem üblichen Mietniveau liegen. Unter anderem lässt sich auf diesem Weg die Mietpreisbremse umgehen. In einer Reihe von Bezirksämtern gibt es Überlegungen, dagegen vorzugehen, wie eine dpa-Umfrage zeigt.
„Der Bezirk Reinickendorf sieht das befristete möblierte Vermieten von Wohnungen in Milieuschutzgebieten kritisch“, lautet die Einschätzung aus der Verwaltung. „So werden wertvolle Wohnungen dem regulären Mietmarkt entzogen und die schützenswerte Struktur der Milieuschutzgebiete ausgehebelt.“
Auch das Bezirksamt Charlottenburg-Wilmersdorf hat angesichts der Entwicklung Bedenken: „Insbesondere in den sozialen Erhaltungsgebieten des Bezirks wird die systematische Umstellung regulärer Mietverhältnisse auf befristete, möblierte Vermietungen als problematisch eingeschätzt.“
Mieten steigen und die Unsicherheit nimmt zu
Damit verbunden seien häufig deutlich höhere Mieten und instabile Mietverhältnisse. Dauerhaft nutzbarer Wohnraum werde dem Wohnungsmarkt entzogen. Der Bezirk versuche bereits, dagegen vorzugehen.
So wird in Milieuschutzgebieten geprüft, ob das Vermieten von möblierten Wohnungen eine genehmigungspflichtige Nutzungsänderung sei. Ist dadurch eine Verdrängung der angestammten Wohnbevölkerung zu befürchten, werde die Genehmigung versagt.
Wird eine Wohnung wiederholt oder dauerhaft für weniger als drei Monate vermietet, könne dies eine zweckentfremdende Nutzung darstellen. Dann leite der Bezirk entsprechende Verfahren ein.
Dringenden Handlungsbedarf sieht das Bezirksamt Mitte. In den Milieuschutzgebieten werde es zukünftig stärker gegen die befristete und möblierte Vermietung von Wohnungen vorgehen und die Nutzung untersagen. „Die befristete und möblierte Vermietung steht den Zielen der Milieuschutzverordnungen entgegen.“ Sie verdränge die angestammte Wohnbevölkerung und wirke sich entsprechend negativ auf die Sozialstruktur aus.
Das Angebot möblierter Wohnungen wächst
Auch in Pankow sieht die Verwaltung die Entwicklung mit Blick auf den angespannten Wohnungsmarkt als „sehr ernstes Problem“. Die möblierten Wohnungsangebote auf Zeit überstiegen deutlich die Zahl der Mietwohnungen. „Wir sehen hier ebenfalls einen dringenden Handlungsbedarf“, heißt es aus dem Bezirksamt. „Auch wir werden dagegen vorgehen.“
Ähnlich lautet die Einschätzung im Bezirksamt Tempelhof-Schöneberg: „Wohnungen, die nur befristet vermietet werden, sind dem normalen Mietwohnungsmarkt entzogen.“ Insbesondere für Familien seien solche Wohnungen nicht sinnvoll nutzbar und wegen der meist exorbitant hohen Miete nicht zu bezahlen.
Das Bezirksamt prüfe derzeit, welche Instrumente zur Verfügung stehen, um dem entgegenzuwirken – vom Milieuschutzrecht, dem Planungsrecht bis zum Zweckentfremdungsrecht.
Der Bezirk Neukölln hat bereits öffentlich angekündigt, stärker gegen die befristete und möblierte Vermietung vorgehen zu wollen und diese Praxis in Milieuschutzgebieten zum Erhalt der Sozialstruktur zu untersagen.
„Das Problem ist sehr gravierend. In bestimmten Häusern erleben wir, dass alle Wohnungen, die leer werden, in möbliertes Wohnen auf Zeit umgewandelt werden“, sagte der zuständige Bezirksstadtrat Jochen Biedermann auf dpa-Anfrage. „Die Preise für diese Wohnform sind dabei deutlich höher als die zulässige Angebotsmiete einer regulären Wohnung.“
Bezirksamt Neukölln will stärker durchgreifen
Die Zahl der entsprechenden Inserate für möblierte Kurzzeitvermietung sei von 300 im Jahr 2012 auf 2.940 im vergangenen Jahr gestiegen, so Biedermann mit Hinweis auf den „IBB Wohnungsmarktbericht“.
Mit der zeitlichen Befristung werde die Notlage auf dem Berliner Wohnungsmarkt ausgenutzt. Auch das Bezirksamt Neukölln sieht in der möblierten Kurzzeitvermietung eine genehmigungspflichtige Nutzungsänderung. In Milieuschutzgebieten will der Bezirk sie zunehmend untersagen.
Das entsprechende Verfahren werde von mehreren Bezirken unter Federführung von Charlottenburg-Wilmersdorf, Friedrichshain-Kreuzberg und Neukölln in Abstimmung mit der Stadtentwicklungsverwaltung entwickelt.
Der Vorschlag des Regierenden Bürgermeisters Kai Wegner (CDU) eine Bundesratsinitiative gegen den Missbrauch beim möblierten Wohnen zu starten, wird von den Bezirken ausdrücklich begrüßt. „Da stellt man einen Stuhl rein und schwuppdiwupps gilt die Mietpreisbremse nicht mehr“, hatte Wegner Ende April kritisiert.