Bedrohte Meeressäuger: Immer weniger Schweinswale in der deutschen Ostsee

Die Populationen von Schweinswalen in der deutschen Ostsee schrumpfen drastisch. Die Gründe dafür sind menschengemacht – und spiegeln den Zustand des Meeres wider.
Die Anzahl der Schweinswale vor der deutschen Ostseeküste sinkt kontinuierlich. „Die Population geht stark zurück“, sagte die Leiterin der Landesstelle Ostseeschutz des Nabu, Dagmar Struß. Allein von 2016 bis 2022 sei die Anzahl der Gewöhnlichen Schweinswale (Phocoena phocoena) in der westlichen Ostsee von rund 42.000 auf etwa 14.000 Exemplare geschrumpft.
Einen weiteren Bestand gibt es in der inneren Ostsee, der bis in die Gewässer um Rügen und am Darß vorkommt, wie das Deutsche Meeresmuseum in Stralsund auf Anfrage mitteilte. Dort lebten nur noch etwa 100 bis 1.000 dieser Schweinswale, die auch Kleine Tümmler genannt werden. Diese Population sei akut von Aussterben bedroht, hieß es.
Insgesamt werde bei beiden Populationen von einem jährlichen Rückgang der Bestände um 2,7 Prozent ausgegangen. Wie Struß berichtete, erinnern der Rückgang an den Niedergang des Kalifornischen Schweinswals (Phocoena sinus), der heute praktisch ausgestorben ist – 2024 seien nur noch sechs bis acht Tiere gefunden worden.
Tiere leiden unter Lärm im Meer
Demnach hat der Rückgang des Schweinswals in der Ostsee zahlreiche Gründe: „Die Stellnetzproblematik liegt ganz vorne, aber gleichzeitig ist es so, dass die Lebensräume auch immer weniger werden“, betonte die Nabu-Expertin. So verheddern sich die Tiere oftmals in Netzen und ertrinken.
Überdies schwinde in der Ostsee der Fischbestand: „Wenn die Fischerei ihre Existenz schon nicht mehr sicher kann, dann wird es auch für den Schweinswal knapp“, sagte Struß. Die Tiere müssten rund um die Uhr nach Nahrung suchen und seien dabei sehr anfällig für Störungen.
Gerade in Regionen, wo es viel Lärm im Meer gebe – etwa durch Schiffe oder andere menschliche Aktivitäten -, seien die Tiere schlechter ernährt, so Struß. Denn bei der kleinsten Störung würden Schweinswale, anstatt nach Nahrung zu suchen, sich am Meeresboden still verhalten und abwarten, bis die Störquelle wieder verschwunden sei.
Klimawandel verschärft die Probleme.
„Es ist so, dass die Probleme schon vorher da waren, aber der Klimawandel verschärft diese noch mal“, sagte Struß weiter. So jagen Schweinswale unter anderem Hering. Wenn diese Heringe allerdings aufgrund des Klimawandels früher schlüpfen, keine Nahrung finden und dann verhungern und zudem noch überfischt sind, können sie auch nicht als Nahrung für die Schweinswale dienen.
Zudem führe die Überfischung dazu, dass Populationen zu klein werden, als dass sich einzelne Tiere an die neuen Bedingungen durch den Klimawandel anpassen könnten.
Eine saubere Ostsee würde helfen
Nach Angaben des Deutschen Meeresmuseums ist es zum Schutz der Schweinswale wichtig, Beifang vermindernde Fangmethoden in der Fischerei zu entwickeln und einzusetzen. Gerade der ungewollte Beifang in Stellnetzen sei die häufigste Todesursache der Tiere.
Generell würden Schweinswale von einer sauberen Ostsee mit wenig Chemikalien profitieren – und auch von ruhigen Zonen, in denen Unterwasserlärm durch Menschen vermieden wird, hieß es.
Die Nabu-Expertin Struß plädierte überdies für einen Nationalpark Ostsee. „Einzelne Flicken im Meer, wo nicht gefischt werden darf, sind gut, aber viel zu wenig“, betonte sie. „Alle, die in irgendeiner Form negative Einflüsse auf die Ostsee haben, müssen sich ein Stück weit zurücknehmen.“ Der Schweinswal stehe exemplarisch für den Zustand der Ostsee und für ihre Schutzbedürftigkeit.