Rente und Pension: Bekommen Beamte im Ruhestand wirklich so viel mehr als Rentner?

Die Renten sind im Schnitt nur halb so hoch wie die Beamtenpensionen. Aber sind solche Durchschnittszahlen wirklich solide? Ein Blick auf die Details hilft bei der Einschätzung.
Wenn man eine möglichst hitzige Debatte über die Höhe der deutschen Renten anstoßen will, dann muss man nur diese Zahlen in den Ring werfen: 1240 Euro bekommen Rentnerinnen und Rentner im Durchschnitt brutto aus ihren eigenen Rentenversicherungen (also ohne die Hinterbliebenenrente). 3240 Euro dagegen bekommen Beamte im Ruhestand im Schnitt. Das ist mehr als das Doppelte.
Ist dieser Unterschied gerecht? Und wenn wir schon über die Reform der gesetzlichen Rente diskutieren, müssten wir dann nicht auch dringend über die Beamtenpensionen reden?
Spätestens an dieser Stelle melden sich gewohnheitsmäßig etliche Beamte zu Wort und verweisen darauf, dass der Vergleich hinke. Denn Beamte müssten von ihren Ruhestandsgehältern noch etliche Abzüge hinnehmen, unter anderem leisteten sie ja lebenslang Zuzahlungen an die private Krankenversicherung. Zudem erhielten gesetzliche Rentner oft noch Betriebsrenten oder Auszahlungen aus privaten Rentenverträgen, die müsse man ebenfalls einbeziehen. Daher sei es irreführende Stimmungsmache, nur auf die hohen Beamtenpensionen abzuzielen. Und in einem haben sie zweifellos recht: Ja, die oben genannten Durchschnittszahlen sind tatsächlich Bruttobeträge.
Bruttobeträge zeichnen nicht das ganze Bild
Nun ist es so: Da sich die einzelnen Abgaben, Steuern und Sozialbeiträge im Rentenalter natürlich je nach persönlicher Lebenssituation stark unterscheiden, sind die tatsächlichen Nettoeinkommen auch nicht ganz einfach zu ermitteln. Erst recht nicht, wenn man verlässliche Durchschnitte daraus ableiten will. Es gibt sie aber, zum Beispiel im Alterssicherungsbericht der Bundesregierung von Dezember 2024. Der hat recht genau aufgelistet, wie es um die Einkommen der Ruheständler dieser Republik bestellt ist. Und eines gleich vorweg: Nach dessen Zahlen sieht die Welt für Normalrentner zwar nicht mehr ganz so düster aus. Aber die der Beamten immer noch weitaus rosiger.
Zuerst zur Lage der Rentner: Wer hierzulande 45 Jahre lang gearbeitet hat und in jedem einzelnen Jahr davon exakt in Höhe des Durchschnittseinkommens verdiente, der bekommt brutto 1.769 Euro „Standardrente“, so hat es die Deutsche Rentenversicherung definiert. Netto bleiben davon nach Sozialbeiträgen aber vor Steuern 1565 Euro übrig. Da jedoch die wenigsten Beschäftigten wirklich auf 45 Beitragsjahre kommen, und zudem gerade in den Anfangsjahren das Einkommen noch gering ausfällt, liegen die durchschnittlich gezahlten Renten für Selbstversicherte mit nur einer Rente (denn viele Ältere beziehen ja auch zusätzlich noch Hinterbliebenenrenten) aktuell bei lediglich 1240 Euro brutto. Wer besonders lang eingezahlt hat, nämlich 35 Jahre lang, der kommt auf etwas höhere 1440 Euro, ebenfalls brutto.
Wie viel für Rentner maximal drin ist
Und an der Stelle noch ein spannendes Detail: Selbst wer es als Topverdiener geschafft hätte, sein Arbeitsleben lang in Höhe der Beitragsbemessungsgrenze zu verdienen, die aktuell bei 96.000 Euro liegt, der hätte damit Rentenansprüche in Höhe von 3440 Euro brutto gesammelt. Das wären 3025 Euro netto nach lebenslangem Superverdienst. Mehr ist im gesetzlichen System beim besten Willen nicht drin. Es ist weniger als die durchschnittliche Beamtenpension, aber dazu später mehr.
Nun streuen die Auszahlungen bei den Renten sehr, allein zwischen den Geschlechtern. Während die Männer im Schnitt 1500 Euro Bruttorente und 1223 Euro Netto bekommen, sind es bei den Frauen nur 1000 Euro brutto und 830 Euro netto. Aber auch die Unterschiede zwischen den Besser- und den Schlechterverdienern sind riesig. Deswegen sagen die reinen Durchschnittszahlen wenig. Betrachtet man die häufigsten Beträge bei den Nettorenten, dann erhalten zwei Drittel der Männer immerhin mehr als 1000 Euro Rente, 67 Prozent nämlich. Und nur 17 Prozent müssen sich mit weniger als 700 Euro Rente abgeben. Bei den Frauen dagegen haben 40 Prozent nicht einmal 700 Euro zur Verfügung und nur ein Drittel bekommt über 1000 Euro Rente monatlich netto. Ein knappes weiteres Drittel muss mit 700 bis 1000 Euro auskommen. Nur 7 Prozent aller männlichen Rentner und 1 Prozent aller weiblichen erhalten eine Rente von mehr als 2000 Euro.
Die Statistik zu den Beamtenpensionen sagt – ebenfalls netto nach Abgaben für Krankenkasse, Pflegekasse und Einkommensteuer: 46 Prozent aller Männer erhalten eine Pension von sogar über 3000 Euro. Und immerhin 16 Prozent der Ex-Beamtinnen. Dagegen müssen nur 4 Prozent der verbeamteten Männer mit Nettopensionen von 1000 bis 1500 Euro auskommen. Kaum ein Pensionär also hat nur so wenig zur Verfügung wie der Durchschnitt aller gesetzlichen Rentner. Dagegen bezieht die Hälfte der männlichen Beamten und 65 Prozent der weiblichen ein Nettoruhestandsgehalt von 1500 bis 3000 Euro.
Bessere Ausbildung führt zu besserem Ruhestand?
Wer nun argumentiert, Beamte seien auch häufiger im gehobenen und höheren Dienst beschäftigt und damit besser ausgebildet als das Gros der Arbeiter und Angestellten, dem entgegnet der Alterssicherungsbericht: Selbst „wenn man das Tätigkeitsniveau berücksichtigt, zeigen sich weiterhin Einkommensvorteile der (ehemaligen) Beamtinnen und Beamten.“ Ihr Nettoeinkommen liege bei gleichem Tätigkeitsniveau weit über demjenigen von Arbeitern und Angestellten. Und ihre Ruhestandsgehälter laut Bericht auch: Mittlere Angestellte erhalten netto rund 1850 Euro Rente, pensionierte mittlere Beamte 2840 Euro. Bei den Ruhebezügen für gehobene Posten steht es 3250 Euro für die Angestellten zu 4200 Euro für die Beamten.
Die spannende Frage ist nun: Gleichen die Zusatzeinkommen der gesetzlichen Rentner diese Lücke aus? Also die Beträge, die sie aus betrieblicher Altersversorgung (bAV) und privaten Rentenverträgen (pRV) wie Lebensversicherungen oder Riesterverträgen erhalten, über die Beamte ja häufig nicht verfügen. Denn die gesetzliche Rente macht insgesamt nur rund 61 Prozent aller Alterseinkommen bei Rentnerhaushalten aus, die übrigens 40 Prozent speisen sich also aus anderen Quellen.
Allerdings nur zu geringen Teilen aus bAV und pRV. Denn erstens haben nur wenige Rentner überhaupt Anspruch auf eine betriebliche Zusatzrente und zweitens sind die Auszahlungen daraus recht gering. Während 88 Prozent der Rentner eine Zahlung aus der gesetzlichen Rente beziehen (und übrigens 9 Prozent aus der Beamtenversorgung), erhält nur jeder Dritte auch eine Betriebsrente. Männer können daraus im Durchschnitt recht üppige 535 Euro zusätzlich kassieren, bei Frauen sind es jedoch nur 237 Euro. Und die private Vorsorge zahlt sogar nur bei 7 Prozent der Bevölkerung auf das Haushaltsbudget ein.
Erwerbstätigkeit neben der Rente
Es gibt allerdings noch einen größeren Posten, der das Alterseinkommen erheblich mehrt, der aber stammt aus Erwerbstätigkeit. Rentner bessern also ihre Haushaltskasse dadurch auf, dass sie häufig einfach weiterarbeiten.
Es stimmt außerdem auch, dass Personen mit sehr kleinen gesetzlichen Renten in Wirklichkeit oft gar nicht so knapp bei Kasse sind, weil sie oft mit einer Person zusammenleben, die erheblich höhere Renteneinkünfte bezieht. Zumindest gilt das für die derzeitigen Rentnergenerationen. Bei den Jüngeren stimmt eher: Gleich und Gleich gesellt sich gern, auch in Hinblick auf Beruf und Einkommen. Daher hat der Alterssicherungsbericht für verschiedene Haushaltskonstellationen die Einkommen ermittelt: Demnach verfügen hiesige Ruhestandspaare – Beamte und Nichtbeamte – im Schnitt über ein Haushaltsnettoeinkommen von 3.795 Euro. Alleinlebende Männer haben 2.200 Euro zur Verfügung und alleinlebende, ledige Frauen immerhin 1.833 Euro, weil sie oft ihr Leben lang viel mehr gearbeitet haben als verheiratete Frauen.
Wie weit sich auf Haushaltsebene nun die Pensionäre und gesetzlichen Rentner beim Gesamthaushaltseinkommen unterscheiden, hat 2024 das arbeitgebernahe Institut der deutschen Wirtschaft für eine Inflationsstudie ermittelt: Während gesetzliche Rentnerhaushalte im Median ein verfügbares Haushaltseinkommen von 2.564 Euro hätten (jeder zweite Haushalt verfügt also über mehr, die andere Hälfte über weniger), seien es bei Pensionärshaushalten im Median 5.309 Euro. Das ist ziemlich genau doppelt so viel.