Morgen|stern: Realsatire Washington – Trump hat ein Kompetenzproblem. Die Lage am Morgen

Wieder blamiert sich ein Trumpling. Bill Gates zieht die übergroßen Spendierhosen an. Und was sonst heute noch wichtig wird.
Liebe Leserinnen, liebe Leser,
vielleicht hatten Sie sich schon einmal die Freude, sich mit einem Chef rumschlagen zu müssen, bei dem Sie sich fragten: „Wie konnte der bloß da oben landen?!“. Genauso dürfte es den Mitarbeitern der brutal zusammengesparten US-amerikanischen Katastrophenschutzbehörde Fema gehen.
Deren neuer Boss, der ehemalige Marinesoldat David Richardson, soll laut Insiderinfos der Nachrichtenagentur Reuters einen kapitalen Bock geschossen haben. Während einer Besprechung habe er erklärt, absolut keine Ahnung gehabt zu haben, dass es in den USA so etwas wie eine Hurrikansaison gibt. Das ist in etwa so, als hätte Jürgen Klopp noch nie von Abseits gehört. Natürlich behauptete ein Behördensprecher danach hastig, das sei alles nur ein Scherz gewesen. Ha. Ha. Ha.
Diese Episode Realsatire aus dem Studio Washington ist nur ein Spin-off. Ein Verschwörungstheoretiker als FBI-Chef, eine Erlösung-vertickende TV-Predigerin als Glaubenschefin, ein Verteidigungsminister mit Kreuzritter-Tattoos – die Liste der Fehlbesetzungen und deren „epic fails“ ließe sich bis in den übernächsten „morgen|stern“ fortsetzen.
Statt trockenem Kuchen oder Floskeln über offene Türen hatte Richardson seinen Mitarbeitern zum Einstieg Mitte Mai Drohungen mitgebracht: „Kommt mir nicht in die Quere“. Wer sich zwischen ihn und den „Willen des Präsidenten“ stelle, den werde er überrollen.
Und genau das ist das eigentliche Problem: Bei seinem zweiten Durchlauf setzt Trump nur noch auf eines: absolute, unumstößliche, undurchdachte Loyalität. Nur noch: Ja. Kein: Ja, aber. Aber, ist Trump 2 wirklich schlimmer als die erste Staffel? Ist das überhaupt möglich?
Es ist nicht der Protagonist, der sich verändert hat. Doch im Gegensatz zu heute parkte der Verstand während seiner ersten Amtszeit immerhin in der zweiten Reihe. Männer wie Sicherheitsberater John Bolton, Verteidigungsminister Jim Mattis oder Vizepräsident Mike Pence waren zwar sicherlich keine progressiven Vordenker – aber ohne Frage seriös, verlässlich, kompetent. Tugenden, für die es im MAGA-Land keine Verwendung mehr gibt.
Merz und Dobrindt rütteln am Ohrfeigenbaum
An Nein-Sagern mangelt es Friedrich Merz auf jeden Fall nicht. Der Bundeskanzler und sein Innenminister Alexander Dobrindt müssen sich nichts vormachen: Das Urteil des Berliner Verwaltungsgerichts, wonach die Zurückweisung von Asylbewerbern schlicht illegal ist, klingt nach einer schallenden Ohrfeige.
Im Gespräch mit den stern-Politikchefs Veit Medick und Jan Rosenkranz legt Migrationsforscher Gerald Knaus noch einen drauf: Das gesamte Konzept Zurückweisung sei gescheitert. Und was ist nun mit der Migrationswende?
Der spendable Bill
Was würden Sie mit 100 Milliarden Dollar anstellen? Und jetzt sagen Sie nicht, das Geld-Ausgeben doch nicht so schwer sein kann. Versuchen Sie doch mal! Hauen Sie mal eben Bill Gates gesamtes Vermögen auf den Kopf: hier klicken.
Ok, für die Preise würde ich meine Hand zwar nicht ins Feuer legen, aber Sie wissen schon, worauf ich hinauswill: 100 Milliarden Dollar = viel. Das weiß auch der Microsoft-Gründer. Weil der aber nicht reich sterben mag (es aber in jeden Fall wird), will der 69-Jährige in den kommenden 20 Jahren 99 Prozent seines Vermögens verschenken. Jetzt ist auch klar, wer den Großteil bekommen soll: die Ärmsten in Afrika. Die Tech-Milliarden sollen in Gesundheits- und Bildungsangebote fließen – zur “ Entfaltung des menschlichen Potenzials“.
Ich (über)höre schon die Schwurbler. Da muss doch was faul sein! Oder vielleicht, aber auch nur vielleicht will der Mann einfach etwas Gutes tun? Aber das klingt natürlich erst recht nach einer Verschwörungstheorie.
Was heute ansteht
Die Antidiskriminierungsstelle des Bundes stellt heute ihren Bericht für das vergangene Jahr vor. 2023 hatten die Fälle massiv zugenommen. Einen „alarmierenden Trend“ hatte die Bundesbeauftragte Ferda Ataman das genannt. Ob es dieses Jahr besser wird? Bei mir hier in Südkorea wählen sie heute einen neuen Präsidenten. Schon jetzt ist klar: Die Menschen hier können stolz auf sich sein, haben sie doch erst im vergangenen Winter ihre Demokratie erfolgreich verteidigt. Meine Kollegin Bettina Sengling hat für Sie den Favoriten Lee Jae-myung einmal genauer unter die Lupe genommen.Wussten Sie, dass Banken Ihre Kontogebühren nicht ohne Ihre Zustimmung erhöhen dürfen? Ich nicht. Dabei hat der BGH das bereits vor vier Jahren entschieden – nur hat das offenbar kaum jemand mitbekommen. Heute verhandeln sie in Karlsruhe erneut.
Die fernöstliche Weisheit des Tages
Ich hatte gestern versprochen, Sie heute wieder mit einer genialen Erkenntnis aus dem fernen Seoul in den Tag zu entlassen. Die lautet:
Mehr Liebe für Niedersachsen!
Niedersachsen gilt (zu Unrecht!) als eines der, sagen wir, weniger spannenden Bundesländer.
Zumindest an den Landesclaim „Niedersachsen. Klar.“ könnten sie in Hannover aber nochmal ran. Mein Vorschlag: „Niedersachsen. Flach.“
Sie können sich gar nicht vorstellen, wie absurd steil die Straßen hier in Seoul sind. Jeder Weg zum nächsten „Supermarkt“ (dazu morgen mehr) ist die reinste Kletterpartie, Steigungen von (geschätzten) 30 Prozent sind keine Seltenheit. Zugegeben: Dass mein Viertel übersetzt „Drachenberg“ heißt, hätte ich ergoogeln können. Sei’s drum.
In diesem Sinne: Freuen Sie sich über Flaches. Auch über diesen Witz.
Ich wünsche Ihnen einen großartigen Tag – annyeonghi gyeseyo!
Ihr
Yannik Schüller