Bevölkerungsgröße im Fokus: Streit um Einwohnerzahl – Städte müssen länger warten

Fast jede zehnte hessische Kommune wehrt sich gegen die Bescheide der Statistikbehörde. Die braucht für die Bearbeitung der Widersprüche mehr Zeit als zunächst gedacht.

Das Statistische Landesamt braucht für die Prüfung der Widersprüche zahlreicher hessischer Kommunen gegen die amtlich festgestellte Bevölkerungszahl länger als ursprünglich erwartet. Ursprünglich sollten die Städte bis Ende März eine Antwort erhalten, doch wird sich das nach Angaben des Landesamts „voraussichtlich um einige Wochen verschieben“. 

Finanzielle Einbußen für Kommunen

Den Angaben zufolge hat fast jede zehnte hessische Kommune – 40 von 421 – Widerspruch eingelegt. Das Landesamt hatte aufgrund seiner beim Zensus 2022 ermittelten Daten die amtlichen Einwohnerzahlen gesenkt. Dagegen wehren sich unter anderem die Städte Hanau, Fulda und Gießen, die in ihren Berechnungen auf größere Einwohnerzahlen kommen. Das neue Zensus-Ergebnis kann für Kommunen zu erheblichen finanziellen Einbußen führen.

Alle eingegangenen Widersprüche würden intensiv geprüft, teile das Statistische Landesamt (HSL) auf Anfrage mit. „Dabei geht das HSL jeder von den Kommunen vorgebrachten Begründung einzeln nach, was mehr Zeit in Anspruch nimmt als zu Anfang des Jahres angenommen.“ 

Zum aktuellen Stand, einschließlich Akteneinsicht und Anhörungen, könne wegen der laufenden Verfahren keine Stellung genommen werden, erklärte das HSL. Die Behörde hatte wiederholt erklärt, dass das im Zensus angewandte statistische Verfahren wissenschaftlich fundiert und vom Bundesverfassungsgericht bestätigt sei. 

Als erste Stadt in Hessen hatte Hanau Anfang Dezember offiziell Widerspruch gegen die von den Statistikern ermittelte Bevölkerungszahl eingelegt. Laut Zensus zählte Hanau am Stichtag 15. Mai 2022 nur noch 93.632 statt 100.307 Einwohner, wie aufgrund der sogenannten Bevölkerungsfortschreibung angenommen worden war. 

Hanau: Aktuell über 107.000 Einwohner

Nach eigenem Melderegister zählte Hanau zum Stichtag des Zensus am 15. Mai 2022 genau 102.934 Einwohnerinnen und Einwohner, zum Stichtag 28. Februar 2025 sogar 107.480. Die Stadt bezweifelt, dass bei der Berechnung des jüngsten Zensus methodisch alles korrekt abgelaufen ist und wirft dem HSL Intransparenz vor. 

Wegen der nach ihrer Ansicht falschen Berechnung werden der Stadt über einen Zeitraum von zehn Jahren laut eigenen Berechnungen etwa 100 Millionen Euro an Fördermitteln und Zuweisungen entgehen. Im aktuellen Haushalt für dieses Jahr hat die Neuberechnung nach Auskunft der Stadt noch keine Auswirkung.