Welthandel: Chinas Exporte steigen trotz Handelskonflikt mit den USA

Der Zollstreit mit den USA ist für China nicht ausgestanden. Trotz des Drucks im Welthandel exportiert die Volksrepublik mehr Waren. Wie schafft China das?
Trotz globaler Handelskonflikte legt Chinas Außenhandel zu. Wie die Zollbehörde in Peking mitteilte, stiegen die Exporte im Juni gemessen in US-Dollar im Vergleich zum Vorjahresmonat um 5,8 Prozent. Der Handelsüberschuss erreichte etwa 114,77 Milliarden US-Dollar (rund 98 Mrd. Euro). Im ersten Halbjahr wuchsen die Ausfuhren demnach um 5,9 Prozent verglichen mit dem Vorjahreszeitraum.
Analysten hatten für Juni mit einem Export-Anstieg von etwa 5 Prozent gerechnet. Grund für die Annahme war auch, dass die Exporteure der zweitgrößten Volkswirtschaft der Welt aus Sorge vor möglichen weiteren US-Zöllen ihre Waren vorzeitig auslieferten. Die Importe stiegen nach einigen Monaten im Minus wieder leicht um 1,1 Prozent. Von Januar bis einschließlich Juni steht jedoch ein Rückgang der Einfuhren um 3,9 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum zu Buche.
So verlief der Handel mit den USA
Im Streit mit den USA brach der Handel im Juni wie schon in den Vormonaten ein – um 16,1 Prozent bei den Exporten und 15,5 Prozent bei den Importen. Mitte Mai hatten sich beide Seiten auf eine Pause im Zollstreit geeinigt. Am 12. August würde diese Pause auslaufen. Unklar ist, wie es danach weitergeht. US-Handelsminister Howard Lutnick sprach in der vergangenen Woche von einem Treffen Anfang August.
China bestätigte das Treffen bislang nicht. Zoll-Vizedirektor Wang Lingjun betonte in Peking, beide Seiten arbeiteten an der Umsetzung ihrer zuletzt getroffenen Einigungen. Neben den Zöllen belasteten bislang die Ausfuhrkontrollen Chinas auf seltene Erden, von denen alle Staaten betroffen sind, das Verhältnis.
Wo Chinas Waren stattdessen hinfließen
Wie erreicht Peking also trotz der Streitigkeiten seine Exportzuwächse? Für China sind die südostasiatischen Staaten immer wichtiger. Auf Jahressicht stiegen die Ausfuhren nach Vietnam den Zolldaten zufolge um 19,6 Prozent, nach Thailand um 22 Prozent und nach Indonesien um 15,3 Prozent. Auch nach Afrika legten demnach die Exporte deutlich zu.
Im Handelskonflikt mit den USA lenkten Exporteure der Volksrepublik mitunter Waren über Südostasien, um sie neu deklariert zu besseren Zoll-Konditionen in die USA verschiffen zu können. Auch deshalb verhängte US-Präsident Donald Trump jüngst gegen Vietnam Zölle von 20 Prozent und 40 Prozent auf dort umgeladene Waren aus Drittstaaten mit Ziel USA. Damit wollte er laut Experten vor allem China treffen.
Der Handel mit Deutschland
Angesichts der leicht gestiegenen Gesamtimporte Chinas im Juni sieht die deutsche Auslandshandelskammer (AHK) ein Zeichen für mehr Nachfrage. Dies sei eine „vorsichtig positive Nachricht“ für deutsche Firmen in der Volksrepublik, sagte Maximilian Butek, geschäftsführendes Vorstandsmitglied der AHK Ostchina. „Aber es ist noch zu früh, von einer tatsächlichen Erholung zu sprechen, denn der anhaltende globale Handelskonflikt wirft weiterhin seine Schatten auf die wirtschaftliche Entwicklung Chinas“, sagte er.
Im direkten Handel mit Deutschland stiegen Chinas Exporte im Juni deutlich langsamer. Nachdem im Mai und April Ausfuhren in die Bundesrepublik im zweistelligen Bereich gewachsen waren, lagen diese im Juni nur bei einem Plus von 3,5 Prozent im Vergleich zu Juni 2024. Zudem hält der negative Trend bei den Importen an, die im Juni bei minus 2,3 Prozent lagen.
Handel wichtiges Thema bei Gipfel
Chinas schwache Importzahlen machen auch der EU zu schaffen. Nach Europa exportierte China im Juni zwar 7,6 Prozent mehr, die Importe stagnierten jedoch nahezu mit einem leichten Plus von 0,4 Prozent. Im ersten Halbjahr sanken die Importe sogar insgesamt um 5,9 Prozent.
Handel dürfte ein wichtiges Thema sein, wenn sich Ende Juli EU-Vertreter in Peking mit der chinesischen Seite zu einem Gipfel treffen. „Wegen der zuletzt gestiegenen Spannungen zwischen China und der EU sind die Erwartungen an den Gipfel gering“, sagte Butek. Man rechne kaum mit Fortschritten bei Themen wie Handelsbarrieren oder Exportkontrollen.
Alicia García-Herrero, Chefökonomin der Investmentbank Natixis in Hongkong, beobachtet schon länger einen rückläufigen Anteil der EU an Chinas Einfuhren. „Wer produziert, was China heutzutage herstellt, wie die Industrie, dem geht es schlecht“, sagt sie. Teil des Problems sei auch, dass Chinas Dienstleistungssektor weiter unzugänglich oder unprofitabel sei.
Was die Regierung in Peking unternimmt
Der aggressive Preis-Wettbewerb mit zu viel produzierter Ware in einigen Sektoren wie der E-Autobranche beschäftigt China schon seit längerem. Auch die schwache Binnennachfrage sowie seit Monaten sinkenden Erzeugerpreise belasten die Wirtschaft. Was China lange billige Waren für den Export bescherte, scheint bei der Führung in Peking mittlerweile für Unmut zu sorgen. Das Ministerium für Industrie und IT kündigte an, stärker gegen ungesunden Wettbewerb in der Autoindustrie vorzugehen.
Zudem will Peking mehr Geld in sein Eintauschprogramm alter gegen neue Geräte oder Autos stecken, um die Kauflaune anzukurbeln. In manchen Provinzen versiegten die Geldtöpfe bereits, was Staatsmedien als Erfolg betrachteten. Manche Experten argumentieren dagegen, dass das Programm kostspielig und wenig nachhaltig sei.