Meinung: US-Vizepräsident Vance reist nach Grönland: Das ist eine respektlose Provokation

Erst sollte seine Frau Usha nach Grönland fliegen, dann wollte US-Vizepräsident J.D. Vance mit. Unser Autor meint: Die Reisepläne zeugen von Ignoranz und Machtgehabe.
Das Aufatmen in Grönland und Kopenhagen ist groß: US-Vizepräsident J.D. Vance und seine Frau Usha Vance besuchen anders als zunächst angekündigt doch „nur“ die US-Militärbasis Pituffik Space Base und unternehmen keine größere Grönlandtour. Doch das Aufatmen ist zugleich ein Seufzen. Denn mit ihren Reiseplänen haben die Vances und die USA das Drama um Grönland weiter eskaliert.
Mit einem 1000-Watt-Lächeln hatte zunächst Usha Vance auf Instagram verkündet, sie wolle Grönlands Kultur und Traditionen kennenlernen, einem traditionellen Hundeschlittenrennen beiwohnen und „die lange Geschichte des gegenseitigen Respekts und der Zusammenarbeit“ zwischen den beiden Nationen feiern. Sie hoffe, „dass unsere Beziehungen stärker werden“.
Am Dienstagabend legte J.D. Vance mit einem Video auf Twitter nach: Seine Frau solle den ganzen Spaß nicht allein haben, deshalb wolle er sie begleiten und „die Sicherheitslage überprüfen“. Viele Länder hätten Grönland und sein Territorium bedroht, behauptete er.Tweet JD
Kein harmloser Privatbesuch
Freundliche Worte, diplomatisch verpackt – doch für Dänen und Grönländer klingen sie wie blanker Hohn. Denn wenn einer Grönland bedroht hat, dann Donald Trump. Der US-Präsident hatte mehrfach angekündigt, die größte Insel der Welt, die autonom zum Königreich Dänemark gehört, in Besitz nehmen zu wollen. Zu einer möglichen Annexion sagte er trocken: „Nun, ich denke, es wird passieren.“
Doch so oft wie Trump seine imperialistischen Fantasien in die Welt hinausblies, so oft stellten die Grönländer klar, dass sie nicht zu den USA gehören wollen. Ihr Ziel bleibt die Unabhängigkeit.
Nach Gegenwind aus der grönländischen Regierung haben die Vances ihre Reisepläne mittlerweile geändert. Statt Kultur und Hundeschlittenrennen steht nur noch die Stippvisite bei der Pituffik Space Base im völlig abgeschiedenen Nordwesten Grönlands auf dem Programm.
Dennoch bleibt die Aktion – vor allem so, wie sie ursprünglich geplant war – eine Machtdemonstration und Provokation, ein unmissverständliches Signal amerikanischer Präsenz und Einflussnahme – und dazu noch eine Respektlosigkeit gegenüber den Grönländern und Dänen. Sie hatten deutlich gemacht, dass sie über den Besuch aus den USA nicht erfreut seien und auch keine Einladung ausgesprochen hätten.
Die Vances reden von Respekt, doch sie bauen keine Brücken
J.D. und Usha Vance schreiben von gegenseitigem Respekt und der Stärkung der Beziehungen. Doch Brücken bauen sie mit ihrem Besuch nicht. In einer ohnehin angespannten diplomatischen Lage zwischen Washington, Nuuk und Kopenhagen kommt ihr Besuch einem Affront gleich. Es geht nicht mehr um „America first“. Es geht um „America only“.
Und die Frage bleibt: Was kann jetzt noch kommen? Trumps nächste Schritte sind unvorhersehbar. Die Nervosität in Grönland und der dänischen Regierung dürfte in den vergangenen Stunden jedenfalls weiter gewachsen sein.