Wissenschaft: Darum sind manche Menschen Mücken-Magnete – und andere nicht

Der eine zerstochen, der andere verschont: Doch was finden Mücken so anziehend? Gene und Geruch spielen eine wichtige Rolle, sagen Forschende – und hoffen auf individuelle Schutzsprays.

Besonders Pärchen und Zeltpartner dürften es von mückengeplagten Nächten kennen. Die eine schlummert friedlich und von den Insekten unbehelligt, der andere ist am nächsten Morgen übernächtigt und zerstochen. Es scheint, als würden Mücken bestimmte Menschen als Opfer bevorzugen. Doch was macht sie für die lästigen Blutsauger besonders attraktiv?

Aus der Distanz nehmen Mücken zunächst die Atmung ihrer Opfer wahr: über den Kohlenstoffdioxid-Gehalt in der Luft. Je größer und je mehr Kohlenstoffdioxid jemand ausatmet, so zeigten es Studien bereits 2015, desto wahrscheinlicher wird er oder sie zum Mücken-Magneten. Ein britisches Forscherteam um den Insektenkundler James Logan von der London School of Hygiene and Tropical Medicine veröffentlichte die Ergebnisse im Fachmagazin PLoS One.

Doch das ist nicht der einzige Faktor: Auch Schwangere und korpulente Menschen mit erhöhter Temperatur werden häufiger gestochen. Außerdem gibt es Hinweise darauf, dass Frauen in bestimmten Phasen ihres Menstruationszyklus öfter gestochen werden. Ebenso Malariakranke.

Der Geruch lockt die Mücke zu ihrem Opfer

Wie also sucht die Mücke ihre Opfer aus? Wenn sich eine Mücke einem Menschen erstmal genähert hat, entscheidet der Geruch. Wie die meisten Tiere besitzen Stechmücken Geruchsneuronen, verarbeiten dort die gesammelten Sinneseindrücke und treffen auf dieser Basis eine Entscheidung: Steche ich lieber die schwitzende Sportlerin oder den parfümierten Mann im Anzug? Dabei nutzen Mücken einen hochspezialisierten Geruchsapparat.

Die Geruchsneuronen der meisten Tiere besitzen einen einzigen Rezeptor-Typ, der auf eine einzige chemische Verbindung, einen speziellen Geruchsstoff, anspringt. Wird dieser Rezeptor aktiviert, feuert die Nervenzelle ein Signal und beeinflusst so die Entscheidung des Tieres. Mückenneuronen jedoch, so zeigten es ein Forschungsteam um Margaret Herre von der Rockefeller University New York für die Ägyptischen Tigermücke (Aedes aegypti), tragen mehrere Rezeptoren. In Laborversuchen zeigten die Forschenden, dass dasselbe Neuron durch zwei sehr unterschiedliche Substanzen aktiviert werden kann. Der spezielle Aufbau ihrer Riechneuronen ermögliche es, ausgeatmetes CO2 und Körpergerüche sehr exakt wahrzunehmen. 

Welche Körpergerüche ziehen Mücken besonders an?  

Der menschliche Körpergeruch wird jedoch nicht nur von vorrübergehenden Faktoren beeinflusst. Er ist auch eine Folge der menschlichen Veranlagung. So zeigten Forschende bereits 2015, dass eineiige Zwillinge etwa gleich oft gestochen werden, zweieiige Zwillinge hingegen unterschiedlich stark begehrt sind. Dies spreche für einen genetischen Zusammenhang, so die Forschenden.  

Zu ähnlichen Ergebnissen kommt ein Experiment, das Forschende der Johns-Hopkins University in Baltimore in Sambia durchführten. Mit breiten Luftschächten verbanden sie acht Zelte miteinander und legten in jedes Zelt eine schwarze Scheibe, auf die der Geruch einer einzelnen Person aufgebracht war. Die menschlichen Geruchsspender wurden im Vorfeld unterteilt in solche, die besonders häufig gestochen werden und solche, die in der Regel verschont bleiben.  

Die Scheiben wurden erhitzt, ihr Geruch verbreitete sich in allen Nachbarzelten. Anopheles-Mücken (Anopheles gambiae), die sich frei durch alle Zelte und Luftschächte bewegen konnten, flogen die Schieben der mit dem Schweiß der Mückengeplagten viermal häufiger an als die anderen. Sie zeigten eine klare Vorliebe für die Gerüche mancher Menschen. 

Die Forschenden wiederholten den Versuch wenig später. Dieses Mal jedoch hetzten sie die Mücken nicht nur auf Zielscheiben, sondern auf echte Menschen. Diese schliefen in Zelten, die über Luftschächte mit einem Gebäude verbunden waren, in der Heerscharen von Moskitos umherschwirrten. Das Ergebnis der Studie? Besonders Carbonsäuren im menschlichen Schweiß scheinen ein Lockmittel für die Anopheles-Mücke zu sein. Aber auch Acetoin, von Mikroben der menschlichen Haut produziert scheint einen Einfluss zu haben. Womöglich nicht nur für den Geruch: Mücken verfügen über Geschmacksrezeptoren an ihren Füßen – dank ihnen finden sie nach der Landung auf menschlicher Haut die besten Stellen für ihren Stich.

Individuelle Schutzsprays als Hilfe für Mückengeplagte?  

Dennoch: Ein einziges Duftbouquet zu bestimmen, auf das Stechmücken fliegen, ist illusorisch. Zwar beschrieb der Insektenforscher Zainulabeuddin Syed bereits 2009 vier Geruchszusammensetzungen, die Menschen verschiedenster Gruppen produzieren und identifizierte eine davon – jene, die das Aldehyd Nonanal enthält – als besonderen Mückenlockstoff. Doch verweist Syed auf die unzähligen Faktoren, die das Stechverhalten von Mücken beeinflussen: darunter das Wetter, die Jahreszeit, das Geschlecht der Tiere, die Insektenart, die Gegend und die Herkunft der Menschen.

Trotzdem schwingt bei der Suche nach dem Menschengeruch, der Mücken anlockt, auch immer die Hoffnung mit, einen passgenauen „Abschreckgeruch“ für Mückengeplagte zu finden. So zeigte ein Forschungsteam der Virigina Tech University, dass einige Seifen auf der Haut mancher Testpersonen anziehen auf Ägyptische Tigermücken wirken, auf der Haut anderer Testpersonen hingegen abstoßend. In den Seifen war ein Geruch namens Limonen vorhanden, der eigentlich dafür bekannt ist, Mücken abzuwehren.  

Große Hoffnung auf individuelle Mückensprays sollten sich gegenwärtig Geplagte allerdings vorerst nicht machen. Der menschliche Geruch ist auch für die Forschung noch ein großes Geheimnis; sie ist weit davon entfernt all seine Bestandteile vollständig entschlüsselt zu haben. Bis dahin helfen giftig-stinkende Sprays und Hausmittel. Oder aber „eine Seife, die nach Kokos duftet“, wie Studienleiter Clément Vingauer rät.